Harry Beckett (Trompete und Flügelhorn)

 

* 30. Mai 1935, St.Michael Parish, Barbados/West Indies;

22. Juli 2010, London/England

 

Es war im Jahr 1986, als wir Harry Beckett kennen und lieben lernten. Es war ein denkwürdiges Jahr und ein Höhepunkt im politischen Kampf gegen das Apartheidregime in Südafrika – und wie wir heute wissen, der Anfang vom Ende des Regimes.

Die besten Exilmusiker aus Südafrika – Louis Moholo, Chris McGregor, Dudu Pukwana, Makaya Ntshoko und Johnny "Mbizo“ Dyani - traten überall in Europa auf.

 

Wir planten für Frankfurt am Main mit Johnny Dyani eine Reihe von Konzerten, Ausstellungen und Diskussionen mit dem Titel „Jazz gegen Apartheid“. Daraus wurden im Verlauf der nächsten 23 Jahre mehr als 60 Konzerte, an denen Harry aktiv beteiligt war. Sein warmer und beseelter Trompetenton prägte alle Konzerte.

Auch McGregor, Pukwana, Makaya und Moholo wollten auf diesen besinnlichen und furiosen Musiker nicht verzichten. Er gehörte zu Pierre Dørges New Jungle Orchestra und später zum Dedication Orchestra.

So wurde Harry Beckett zu einer der Säulen der Südafrikanischen Exilmusik.

In den letzten Konzerten der Reihe Jazz gegen Apartheid erlebten wir Harry im September des letzten Jahres.

Es beschreibt den weitgespannten Horizont Becketts, dass er selbst kein Südafrikaner war, sondern aus Barbados (Karibische Inseln) nach Großbritannien kam.

Sein lyrisches Spiel auf dem Flügelhorn und der Trompete scheint nach Besinnung, Einkehr und Reflexion zu suchen. Zugleich ist er immer der Musiker des Aufbruchs.

Mit diesen Eigenschaften war er nicht nur als Interpret und Komponist, sondern auch als Lehrer gesucht. Seine Workshops und jeder Probentag wurden zu Schlüsselerlebnissen. Seine eigene Art der Phrasierung, Rhythmik und Timbres und die Lust am kollektiven Improvisieren hat er seinen Schülern vermittelt.

 

Von den karibischen Inseln kam er 1954 nach London, arbeitete lange Jahre mit Graham Collier sowie Stan Tracey, später mit Mike Westbrook, Keith Tippett, und John Surman.

Seit 1970 leitete er eigene Gruppen, mit denen er regelmäßig Aufnahmen veröffentlichte. Dazu arbeitete er mit Fusion-Gitarrist Ray Russell und Ian Carrs Jazzrock-Band Nucleus, aber auch in Elton Deans Ninesense, mit Working Week und mit der Posaunistin Annie Whitehead.

 

Die Trauerfeier findet am 5. August in London statt, und am 10. Oktober ehren ihn die Kollegen mit einem Konzert in London. Seine Stimme wird fehlen.


Projekt Kultur im Ghetto, Frankfurt/M  - www.kultur-im-ghetto.de

Nachrufe: londonjazz.blogspot.com, The Guardian., Jazzinstitut, FAZ vom 26.7.2010