Kurzporträts der Musiker in der Reihe
Jazz gegen Apartheid – Zwischen Heimkehr und Exil

Projektschwerpunkt Musik des Exils: Die Musik Johnny Dyani´s
Die Musik des 1986 verstorbenen südafrikanischen Komponisten, Bandleaders und Bassisten Johnny Dyani bildet einen Schwerpunkt. Sie ist Geschichte des leidenschaftlichen Kampfes gegen die Apartheid, Biographie eines Lebens im Exil und lückenlose Dokumentation von 25 Jahren Exilgeschichte. Seit 1986 wird die Arbeit Dyanis in Frankfurt weitergeführt. Musiker aus der Region sind aktiv am Programm beteiligt.

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rojektschwerpunkt Rückkehr: Heimkehr oder Exil
Louis Moholo ist 2004 nach Kapstadt/Südafrika zurückgekehrt. Er folgte den Zeichen für Musiker, die von Regierung und Cape Town Jazz Festival 2005 gesetzt wurden.

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ie hier von uns vorgestellte Exilmusik gehört zur "Familie" der verdrängten Musik, einer beschämenden Wiederholung in der Geschichte des 20.Jahrhunderts. Südafrika will nicht das jüngste Beispiel für unterlassene Zurückgewinnung nach Beendigung der Diktatur sein: Analogien zur deutschen Geschichte wollen unsere Freunde in Südafrika nicht durchleben. (Arbeitstitel "Heimkehr oder Exil" nach Klaus Mann).

Musiker und Zeitzeugen kommen zu diesen Konzerten nach Frankfurt zurück:

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John Tchicai, Saxofone, Klarinetten, Flöten

John Tchicai, weltbekannter aus Dänemark stammender Saxophonist, war als einziger Europäer an der Ausgestaltung des neuen Jazz Anfang der 60er Jahre entscheidend beteiligt. Noch in Kopenhagen gründete er gemeinsam mit Don Cherry und Archie Shepp die "New York Contemporary Five", deren multilineare Improvisationen der harmonischen Freiheit 0rnette Colemans verpflichtet waren und dessen Spielauffassung auf die simultanen Improvisation dreier Bläser übertrug. In den USA spielte Tchicai mit Roswell Rudd und Milford Graves im "New York Art Quartett" und wirkte bei bahnbrechenden Aufnahmen (wie , John Coltrane "Ascension") und Albert Ayler ("N.Y. Eye and Ear Controll") mit. Im Unterschied zum explosiven Energiespiel anderer Saxophonisten mit ihren Spalt- und Splitterklängen im Obertonbereich, zeichnete sich Tchicais Spiel durch einen trockenen Lyrismus und eine "coolere" Klangkonzeption aus. Seit den 80er Jahren  wieder vorwiegend in Europa, u.a. mit der "Nova Cadentia Danica", der "Brotherhood of Breath", "Strange Brothers" und in der Gruppe Johnny Dyanis, blieb jedoch immer ein Wanderer zwischen den Welten. John Tchicai lebt heute in Frankreich
 

Makaya Ntshoko, Schlagzeug

Makaya Ntshoko verdanken wir die Einsicht, dass die Wurzeln des Jazz nicht allein in Amerika liegen: Der Schlagzeuger aus Kapstadt emigrierte in den frühen 60er Jahren in die Schweiz, wo er zunächst im Trio seines Landsmannes, des Pianisten Dollar Brand, spielte.

Er dürfte wohl als der am engsten der mitteleuropäischen Jazzscene verbundene südafrikanische Musiker gelten. Die dichte, vertrackte Polyrhytmik seines Schlagzeugepiels, die gelegentlich an Elvin Jones erinnert, machte ihn zu einem kongenialen und völlig emanzipierten Partner in den Ensembles von Mal Waldron, Steve Lacy und Johnny Dyani. Er leitete auch eigene Gruppen wie "Makaya and the Tsootsis" (mit Manfred Schoof und Inla Eckinger).

Makaya ist Mitglied des 1986 gegründen Projekts Jazz gegen Apartheid. Seit vielen Jahren lebt und arbeitet Makaya Ntshoko in Basel.
 

Claude Deppa Unlimited


Claude Deppa, Trompete & Flügelhorn

Aus den Big Bands Carla Bley´s und Chris McGregors ist sein perfekt beherrschtes Satzspiel nicht wegzudenken. Claude spielte auch in der Gruppe "Zila" des früh verstorbenen Südafrikaners Dudu Pukwana. Claude arbeitete mit Louis Moholo in der legendären Gruppe "Viva la Black".

Mit der Projektgruppe Kultur im Ghetto ist er seit 1987 verbunden, u.a. durch das Projekt Kirchenasyl. Claude ist Mitglied des 1994 gegründen Projekts Kinder Europas. Seit vielen Jahren lebt und arbeitet er in London.
 

 

Harry Beckett, Trompete & Flügelhorn

* 30. Mai 1935, St.Michael Parish, Barbados/West Indies;

† 22. Juli 2010, London/England

Harry Beckett (Trompete/Flügelhorn) stammte von den kleinen Antillen (Westindien) und lebte seit mehr als fünfzig Jahren in London, wo er als professioneller Musiker mit einem betont warmen, "seelenvollen" Trompetenklang über die Grenzen des Jazz hinaus hochgeschätzt wird.

Aus den Big Bands Mike Westbrooks, Keith Tippetts und Chris McGregors ist sein perfekt beherrschtes Satzspiel nicht wegzudenken. Gleichzeitig glänzte er als phantasievoll improvisierender Solist und war darüber hinaus als Komponist tätig.

Gemeinsam mit John Tchicai war er festes Mitglied der Gruppe Johnny Dyanis bis zu dessen frühem Tod. Seitdem war er mit der Projektgruppe Kultur im Ghetto verbunden.

 

Nachruf: http://www.kultur-im-ghetto.de/harrybeckett.htm
 

John Edwards, Kontrabass

John Edwards ist einer der gefragtesten Bassisten der europäischen free-jazz und free-improv Szene. Er spielt u. a. bei GOD, mit Evan Parker, Louis Moholo, Lol Coxhill, Eddie Prevost und Peter Brötzmann

John Edwards begann in den späten 80er Jahren Bass zu spielen. In den 90ern wurde er zu einem wichtigen Mitglied der London improvised music scene. Er gestaltete seine ersten Solo Konzerte, komponierte und machte Musiktheater.

In der Europäischen Szene hörte man ihn beim Taktlos-Festival, in  Ulrichsberg, Nickelsdorf, Budapest, aber auch in New Zealand und in den USA.
 

Daniel Guggenheim

Daniel Guggenheim, Saxophone

"Mich haben immer starke Persönlichkeiten beeinflusst, Musiker wie Jimi Hendrix, Sonny Rollins. Ich muss die Typen spüren, stelle mir die Frage: Sagt der mir was?"

Starke, unersetzbare Erfahrungen macht Guggenheim durch das Zusammenspiel mit Leuten wie Elvin Jones, Cecil McBee, Richie Beirach, Billy Hart, Roy Hargrove u.v.a. Seine neue Gruppe, mit der er auch gleichzeitig seine neue CD vorstellt, kommt aus New York. Ab 1996 wieder im Rhein-Main-Gebiet lebend, tourt er mit Jeff Williams, Scott Lee und Russ Lossing, mit denen er auch seine CD "Sojurn" aufnimmt. In Europa spielt er mit Bob Degen, Vitold Rek, Keith Copeland, Janusz Stefanski, David Liebman, Jürgen Wuchner, Harry Beckett.

Seit 1999 mit der Projektgruppe Kultur im Ghetto verbunden durch das Projekt Jazz gegen Apartheid.

 

Allen Jacobson, Posaunen & Euphonium

Allen Jacobson ist Posaunist, Vocalist, Komponist, Arrangeur und Dozent. Als Solist trat er mit Dave Liebman, Conte Candoli, Keith Copland, Lee Konitz, Lew Tabakin, Kenny Wheeler, Bobby Shew, Harry Beckett, Ack van Royen, John Tchicai und Christopher Dell auf.

Der in Mainz lehrende Kanadier ist seit 1999 mit der Projektgruppe Kultur im Ghetto verbunden durch das Projekt Jazz gegen Apartheid.

Allen Jacobson lehrt Jazz Trombone, Vocals & Ensemble an der Gutenberg Universität Mainz, und Jazz Trombone, Vocals, Ensemble & Big Band an der Musikhochschule Frankfurt am Main (Hochschule für Musik und darstellenden Kunst).
 

Christopher Dell, Vibraphon

 

Christopher Dell zählt ohne Frage zu den wichtigsten Vibraphonisten unserer Zeit: er ist im Jazz zuhause wie in der Neuen Musik.

Was ihn zusätzlich auszeichnet, das ist sein Reflexionsniveau. Wie kaum ein anderer Musiker überdenkt er seine spielerische Praxis und ihren gesellschaftlichen Hintergrund. "Kant in Echtzeit" hat ziemlich treffend das Magazin Jazzthing ein Portrait des Musikers übertitelt.
Tätigkeit als freier Komponist und Musiker. Geboren in Darmstadt. Ausbildung: Vibraphon, Schlagzeug und Komposition in Hilversum und Rotterdam. Stipendiat an der Berklee School of Music, Boston &  Stipendiat der Internationalen Ferienkurse für Neue Musik, Darmstadt, Meisterkurse bei Stockhausen, Rihm und Lindberg. Dozent an der Akademie für Tonkunst, Darmstadt. In seiner improvisatorischen Arbeit versucht er, den Zwischenraum von Festgelegtem und gerade Gefundenem mit Bewegung zu füllen.

 

Musikpreis der Stadt Darmstadt 2005

 

Louis Moholo, Schlagzeug

Louis T. Moholo-Moholo kommt aus Südafrika. Die Summe seines Lebens verbrachte er im europäischen Exil. Heute lebt er in seiner Heimatstadt Kapstadt.

Mit den legendären "Blue Notes" kommt er 1964 nach Europa, um Geschichte zu schreiben. Mit Johnny Dyani, Mongesi Feza, Dudu Pukwana, Chris McGregor inspiriert er die ohnehin hellwache englische Jazz-Szene.

Sein Leben ist ein grosser Beitrag sowohl zur weltweiten Bedeutung improvisierter Musik als auch zum Kampf gegen Apartheid. Mit seiner Musik hat er die Apartheid besiegt. Folgerichtig ist seine Kunst geprägt von der Zusammenarbeit mit den bedeutendsten Repräsentanten der improvisierten Musik, seiner Gruppe Viva la Black und zahlreichen Schallplatten und CD´s.

Mit der Projektgruppe Kultur im Ghetto ist er seit 1987 verbunden, u.a. durch die Projekte Kirchenasyl und Jazz gegen Apartheid.
 

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Diese Seite ist ein Dokument der Projektgruppe Kultur im Ghetto